Ich checke meinen Rückflug. Irgendetwas ist nicht in Ordnung und dann bricht das Netz wieder zusammen. An der Rezeption habe ich Netz und finde die Adresse von Türkish Airlines in Kathmandu. Teknath ruft an. Er will mich noch einmal sehen und zum Guesthouse kommen. Bald meldet er sich wieder. Er ist am Annapurna Hotel, ich im Annapurna Guesthouse. Nachdem ich ihm den Irrtum erklärt habe gehe ich zum Frühstücken nach nebenan, Kaffee und Pancake. Cappuccino können sie leider nicht wirklich. Als er das 3. Mal anruft bin ich gerade mit meinem Kaffee neben dem Guesthouse fertig. Er findet mich nicht und wir verabreden uns am Chetrapati. Nun gut, gehe ich dahin.
Wir gehen Richtung Stadteil Nabil. Unterwegs stellt Teknath fest, dass wir in der Nähe des Templehouse Hotels sind.
Er will den Besitzer zu einem großen Fest in seinem Gebiet einladen, da der dort vor 35 Jahren 40 Hektar Land gekauft hat. Er ist also eine Art Nachbar. Das Templehouse Hotel ist eine prächtigen Anlage in einem original Newar Haus.
Der Chef kommt und wir trinken Tee zusammen. Es ist einer der erfolgreichsten Tourismus-Manager Nepals und einmal im Jahr in Berlin um neue Verbindungen zu knüpfen. Ich bekomme eine Broschüre des Hauses, denke aber, das es preislich weit über meinem Budget liegt. Teknath sag mir später, dass der Chef eher ein Königsanhänger sei und nichts von der neuen Demokratie in Nepal halte. Das sehen wir beide anders. Wir gehen zu Fuß nach Nabil und fragen dort einen Taxifahrer nach dem Weg zu Turkish Airlines. Der meint, es sei noch weit und bietet logischerweise sein Taxi an. Der Preis ist nicht zu hoch und ich willige ein. Tatsächlich fährt er lange und findet dann nichts. Ich gebe ihm die Telefonnummer und er telefoniert lange. Turkish Airlines ist umgezogen. Nun erweist es sich doch als gut, das Taxi genommen zu haben. Der Fahrer findet tatsächlich das Office und nimmt nur 100 Rps. mehr als vereinbart. Das ist ja mal fair. Die Türkenmaus checkt den Flug und sagt, dass alles planmäßig verlaufe. Nur auf dem Hinflug habe es Verschiebungen gegeben. Sie bucht mich gleich ein und reserviert mir einen Platz am Mittelgang.
Wir gehen zu Fuß zurück, Teknath zeigt mir den Thamel Chowk als zukünftigen Treffplatz und ich übergebe ihm im Annapurna Guesthouse meinen alten Hohlfaser-Schlafsack, der etwas sperriger und schwerer als Daune ist aber mir in Pakistan auf den Gletschern gute Dienste geleistet hat. Ich bringe Teknath noch zum Ratna-Park, denn ich kenne mich in Thamel eindeutig besser aus. Wir verabschieden uns und ich schlendere zurück. Unterwegs kaufe ich einen kleinen Rucksack, den ich beim Jogging nutzen will. Dann gönne ich mir ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte mit Cappuccino und stelle wieder fest, dass mir der Kuchen zu süß ist. Mein Handy klingelt, Prem ist im Annapurna Guesthouse. Also zurück dahin. Sie haben ihm das neue Zimmer mit den zwei Betten im dritten Stock gegeben und ich ziehe um. Wir machen eine kleine Shoppingtour, u.a. zu Pilgrims Bookhouse, wo ich für jeden von uns ein Poster vom Kailash kaufe. Am Chetrapati noch mal zur Apotheke und dann zu dem versteckten Stupa, den Prem mir gezeigt hatte. Wir zünden Butterlampen an, ich diesmal für meinen gerade verstorbenen Freund Joachim Kratochwill (Chips). Dann decke ich mich mit Gebetsfahnen ein. Heute ist der letzte Tag des Indra Jatra Festival und die Leute machen Umzüge mit Ganesh-Figuren.
Zum Teil den Musikzügen folgend geraten wir mehr ins Zentrum Thamels. Während ich noch in einem Stoffladen Hanfstoff für Hemden besorge und das Paket nach wiegen lasse, kommt ein Musikzug mit tanzenden Nepalis vorbei. Auf der Hauptstraße vom Thamel Chowk aus in die Stadt ist eine riesige Bühne aufgebaut. Davor eine Menge Stühle – alles auf der Straße, so dass sich der Verkehr im Schritttempo daran vorbei quetschen muss. Volkstanzgruppen präsentieren ihre Show.
Jeweils für ein Lied erscheint eine Volksgruppe und zeigt den Trommel gestützten Tanz. Eine Weile schauen wir uns das Spektakel des Tourismusministeriums an. Dann gehen wir nach Thamel zurück. Weiterhin streifen die bunten Gruppen durch den Stadtteil u.a. auch eine Gruppe tibetischer Frauen in typischer Kleidung.
Wir gehen zu Fuß zurück und gehen neben dem Guesthouse Essen. Ich besorge noch schnell den kleinen Abschiedsvodka dazu. Prem fragt, ob ich schlafen will oder noch tanzen. Schon nach der Gokyo Tour haben wir getanzt – also los. Wir gehen zum ATM denn heute will er bezahlen. Kurz hinter Thamel führt er mich in das nepalische Tanzlokal Pokhara Bar. Ich bin der einzige westliche Gast. Was für ein Ort: Auf der Bühne mehrere Musiker, Tänzerinnen, Sängerinnen und Sänger.
Zum Wechselgesang der hohen Frauenstimmen mit den Männern setzen die Trommeln ein. Frauen und Männer singen jeweils eine Strophe.
Die Tänzerinnen präsentieren dazu ihre Choreographie. Es ist aber so leer in dem Laden, dass keiner von den Gästen tanzt. Bei den vielen Leuten auf der Bühne und dem vielen Personal rechnet sich das Ganze wahrscheinlich überhaupt nicht. Nachdem ich meinen Bier und Prem seinen Vodka getrunken hat wechseln wir den Laden. Direkt am Thamel Chowk geht es eine Treppe hoch, vorbei am Security Mann. Nie hätte ich hier ein nepalesisches Tanzlokal vermutet. Es ist proppenvoll und laut. Die Leute essen und trinken. Die Bühne geht über Eck von uns aus. Links auf der Bühne agieren 6 Tänzerinnen und in Blickrichtung hinter der Tanzfläche ist die Bühne mit Musikern nebst Sängerinnen und Sänger.
Es gibt wieder Bier bzw. Wodka und ich merke, langsam die Wirkung. Prem zieht mich auf die Tanzfläche. Hier tanzen Männer in kuriosesten Bewegungen zwischen eher wenig Fußarbeit und schlangenartigen, handunterstützten Bewegungen. Manche springen etwas, dann wieder sirtakimäßige Beinarbeit. Ich falle, was die Bewegungen angeht, nicht auf, bin aber wieder der einzige Westler. Es macht Spaß und je mehr der Alkohol sich in meinem Körper breit macht, desto wilder bin ich dabei. Jetzt wird kein Tanz mehr ausgelassen.
Ich schwitze wie die Sau. Die Nepalis legen mir die Arme um die Schultern und wir tanzen zusammen. Ein besonders langer, junger Mann, den wir schon im ersten Lokal gesehen haben, hat wohl einen Narren an mir gefressen. Er will laufend mit mir den sirtakiartigen Tanzstil machen, ist aber bereits so strunzelig, dass ich aufpassen muss, dass wir nicht beide auf die Tanzfläche fallen. Arm um den Hals mag ich auch nicht und entwinde mich jedesmal geschickt ohne den Tanz zu beenden. Ab und zu kommt auch mal eine Frau zum Tanzen. Der lange, der mich bereits zum fünften Mal gefragt hat, wie ich heiße und aus welchem Land ich bin, will unbedingt ein Lied singen. Das klappt erstaunlich gut. Hätte nicht gedacht, dass er in dem Zustand die Töne überhaupt trifft.
Das Lied ist bekannt, eine Frau singt den Gegenpart und die Nepalis singen mit. Die Tanzfläche ist voll , sogar voller als ich obwohl ich das Stadium des perfekten Mitsingens auf Nepali erreicht habe. Auch Prem ist die ganze Zeit voll dabei.
In einer Tanzpause zum Schweißabwischen kommen zwei Nepalesinnen zu uns. Das neue Bier muss ich sicherheitshalber auslassen. Dann geht es wieder auf die Tanzfläche und bald endet die Musik. Es ist 1.30 Uhr und die Ladys sind weg, samt Wechselgeld. Prem ist etwas sauer, meint aber: “Besser die Ladys haben das Geld als die Kneipe.” Der Lange fragt ein letztes Mal wie ich heiße und aus welchem Land ich komme, die Anderen verabschieden sich von mir mit Selfies.
Was für eine letzte Nacht!
Freitag, 28. September 2018
Wir machen uns zum Annapurna Guesthouse auf. Dort ist natürlich schon geschlossen und wir wecken den verständnisvollen Boy am Seiteneingang. Prem fällt sofort ins Bett, ich stelle den Handy-Wecker auf 4.30 Uhr, also 2,5 Stunden später. Ich bin noch ziemlich aufgewühlt und schlafe unruhig. So komme ich ohne Probleme hoch und muss Prem heftig wecken. Der ist noch reichlich strunzelig, ich eher müde. Gemeinsam schaffen wir das Gepäck nach unten und finden auch gleich ein Taxi. Die Straßen sind leer und der Flughafen schnell erreicht. Ich zahle und gebe Prem mein letztes Geld. Wir umarmen uns. “Du bist wie ein Bruder für mich.”,sind seine Worte, “Ich muss ins Bett.”
Problemloses Einchecken. Mit allen Geschenken bin ich auf die zugelassenen, stattlichen 30kg Gepäck gekommen. Der morgendliche Flug zeigt mir beeindruckend die Himalaya-Range. Ein herrlicher Abschiedsblick.
Wenig später schlafe ich schon – und das mit kurzen Unterbrechung zum Essen und Umsteigen bis nach Hannover.